Dr. Michael Laitman To Change the World – Change Man

Eine weltweite Pandemie: Warum Egoismus zu Antisemitismus führt

Je selbstsüchtiger die Gesellschaft, desto mehr neigt sie zu Antisemitismus.

70 Bombendrohungen „gegen fast 60 Jüdische Gemeinden in 27 amerikanischen Staaten und einer kanadischen Provinz“ haben in den vergangenen Wochen die jüdische Gemeinschaft Nordamerikas erschüttert. Innerhalb einer Woche sind im amerikanischen St. Louis und in Philadelphia Friedhöfe geschändet worden.

In Texas wurde ein Schullehrer entlassen, weil er auf Twitter dazu aufgerufen hat „ein paar Juden“ zu töten. Autos und ein Spielplatz in der Nähe von Buffalo sind mit Hakenkreuzen und Rassenparolen besprüht worden.

Ein Verwaltungsangestellter der Stadt New York beklagte sich über „zu viele Juden“ in seinem Team. Was auf dem Campus Europas begann und auf Europas Straßen und Regierungen schwappte, hält nun Einzug auf den Hochschulgeländen der USA und nun auch auf den Straßen Amerikas.

Der Antisemitismus ist hoffähig geworden. Führende jüdische Persönlichkeiten sprechen sogar von einer weltweit verbreiteten „Pandemie“.

In meinem Buch Wie ein Bündel Schilf – Warum Einheit und gegenseitige Verantwortung der Ruf der heutigen Stunde sind sowie auf der Webseite Why Do People Hate Jews (Warum Menschen Juden hassen) lege ich ausführlich dar, das die Intensivierung des Antisemitismus kein Zufall ist. Vielmehr ist dies das Produkt eines natürlichen und unumgänglichen Prozesses, in dem die Gesellschaft umso anfälliger für Antisemitismus wird, je selbstsüchtiger sie ist.

Ungeachtet der Erziehung, der Kultur oder des geschichtlichen Hintergrundes muss, wenn der Egoismus über ein bestimmtes Niveau steigt, der Antisemitismus an die Oberfläche treten, so wie nur eine bestimmte Menge Salz sich im Wasser auflösen kann, bevor es sichtbar wird.

Wie der Egotismus den Antisemitismus erzeugt

Den Judenhass gab es lange bevor es Juden im heutigen Sinne gab. Abraham war kein Jude, er war ein Hebräer. Doch er wurde aus demselben Grund gehasst, aus welchem alle Juden seit jeher gehasst werden. Die Wurzel des Judenhasses liegt nicht bei den Juden, sondern bei dem, was sie verkörpern: dem Erbe unserer Vorväter.

Als unser Vorvater Abraham sich die Welt ansah und „Tag und Nacht zu überlegen begann, wie es sein konnte, dass sich dieses Rad stets ohne einen Lenker drehte“, wie Maimonides es im ersten Kapitel von Mischne Thora darlegt, entdeckte er eine einende Kraft, die die Wurzel aller Schöpfung ist und die er „Gott“ nannte.

Abraham riet den Menschen nicht, sich vor diesem Gott zu verbeugen oder ihm Getreide zu opfern, so wie es seine Landsleute mit ihren Göttern taten. Er sagte nur, er hätte eine Kraft der Einheit gefunden, und dass Menschen, wollten sie glücklich sein, sich verbinden und dieser Kraft gleich sein sollten.

Zu Zeiten Abrahams bauten die Babylonier den Turm zu Babel. Abraham stellte fest, dass sie zunehmend selbstbezogen und einander fremd geworden waren, was ihn dazu bewog, nach der Antwort zu suchen, die Maimonides später beschreiben würde. Das Buch Pirkei de Rabbi Eliezer beschreibt im 24. Kapitel, wie die Babylonier „miteinander sprechen wollten, aber nicht wussten in welcher Sprache.

Was taten sie? Jeder nahm sein Schwert, und sie bekämpften einander bis zum Tode. Die Hälfte der Menschheit kam dabei auf brutale Weise um, und von dort wurden sie in alle Teile der Welt verstreut.“

Als Abraham vorschlug, sie sollten sich verbinden, statt sich zu bekämpfen, verbannte ihn König Nimrod. Um den gen Kanaan wandernden, im Exil lebenden Abraham „versammelten sich die Menschen, um ihn über seine Worte auszufragen“. „Er lehrte alle“, so Maimonides, bis „Tausende und Zehntausende sich um ihn versammelten.

Sie waren das Volk des Hauses Abrahams. Er pflanzte diesen Lehrsatz in ihr Herz, verfasste Bücher darüber und lehrte seinen Sohn Isaak. Und Isaak saß, lehrte und warnte Jakob und ernannte ihm zum Lehrer: er solle sitzen und lehren (…) Und unser Vorvater Jakob lehrte all seine Söhne.“ Schließlich entstand ein Volkstamm, der das Gesetz der Einheit kannte.

Einige Jahrhunderte später wollte Moses dasselbe tun. Er strebte danach, sein Volk zu vereinen, doch der Pharao widersetzte sich. So wie Abraham zuvor, floh Moses mit seinem Gefolge, nur dass diesmal Millionen bei ihm waren und sie ein „Upgrade“ der Methode der Verbindung Abrahams benötigten. Also gab Moses ihnen die Thora.

Das Regelwerk der Thora kann zu einer einzigen Regel zusammengefasst werden, die der alte Hillel mit einfachen Worten beschrieb: „Was du nicht willst, das man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andern zu. Das ist die gesamte Thora.

Der Rest ist Kommentar. Gehe, und studiere sie.“ (Schabbat, 31a). Unter Moses wurden die hebräischen Stämme erst zu einer Nation, als sie sich einverstanden erklärten, sich „wie ein Mensch mit einem Herzen“ zu verbinden. In diesem Moment wurden die Hebräer offiziell zu einer Nation, mit dem Namen Israel, abgeleitet von den Worten Jaschar-El (direkt zu Gott). Sie sollten dieselbe Einheit erreichen, wie die Kraft, die Abraham entdeckt hatte.

Kurz darauf bekam Israel den Auftrag, zu Ende zu führen, was Abraham hatte erreichen wollen, als er von der Einheit, die sich über den Hass hinwegsetzt, zu sprechen begann. Die gesamte Welt sollte von der Methode, die man Einheit erreicht, profitieren. Nun, da sie diese erreicht hatten, sollten sie „ein Licht für die Völker“ sein.

„Moses wollte, dass seine Thora der ganzen Welt den Weg zur Einheit zeige. Er wollte damals die Korrektur der Welt vollenden. …. Es gelang ihm jedoch nicht, aufgrund der Verfehlungen, die auf dem Wege geschahen“, schrieb der RaMCHal in seinem Kommentar zur Thora.

Die Errungenschaft Moses, das Volk Israel geeint zu haben, war sein endgültiger Sieg über den Pharao, der den bösen Trieb oder mit anderen Worten: den Egoismus verkörperte. Oder mit den Worten Maimonides: „Du musst wissen, mein Sohn, dass der Pharao, der König Ägyptens niemand anderes ist als der böse Trieb“ (Die Schriften des RaMBaM).

Die schlafende Saat

Nach der Gründung des Jüdischen Volkes unter Moses erlebten die Juden viele Höhen und Tiefen. Immer wenn Einheit zwischen uns herrschte, gediehen wir, wenn jedoch der Egoismus gewann, dann litten wir. Vor fast zweitausend Jahren erreichte der Egoismus unserer Vorfahren derartige Ausmaße, dass sie einander nicht ertragen konnten. Sin’at Chinam (grundloser Hass) brach unter ihnen aus, und Tiberius Julius, Anführer der Römischen Legion Judäas, selbst ein Jude, dessen Vater die Tore des Tempels mit Gold verkleidet hatte, zerstörte den Tempel und verursachte das Exil der Juden Israels.

So wie Rabbi Löw aus Prag in Netzach Israel schrieb: „Der Tempel wurde aufgrund von unbegründetem Hass zerstört, weil ihre Herzen getrennt und des Tempels, der Vereinigung Israels, nicht würdig waren.“

Wir haben diesen Hass nie überwunden. Dennoch liegt der Same der Einheit immer noch in uns, und unsere Weisen haben über Generationen hinweg immer wieder betont, dass dies der Schlüssel zu unserer Rettung sei. Wir haben jedoch vergessen, wie wir den Hass mit Liebe bedecken können, so wie Abraham und seine Schüler, so wie Moses und sein Volk es getan haben.

Im Buch Maor VaShemesch (Licht und Sonne) heißt es: „Der beste Schutz vor Unheil sind Liebe und Einheit. Wenn in Israel zwischen den Menschen Liebe, Einheit und Freundschaft herrschen, kann kein Unheil über sie kommen“. Und im Buch der Bewusstheit heißt es; „Uns obliegt es in jeder Generation, die Einheit unter uns zu stärken, damit unsere Feinde nicht über uns herrschen.“

Obwohl der Same der Einheit zwischen uns vorhanden ist, sind wir, solange wir noch nicht vereint sind, kein Licht für die Welt und verbreiten nicht, wie von Abraham und Moses beabsichtigt, die Einheit in der Welt.

Daher werden die Menschen von Tag zu Tag egoistischer. Der Egoismus ist heutzutage so stark, dass wir nicht einmal aus Rücksicht auf die Zukunft unserer Kinder nicht damit aufhören können, den Planeten zu zerstören. Wir verstehen zwar, dass Pluralismus wichtig ist, und liberale Werte für die Gesellschaft lebensnotwendig sind, und dennoch ist jeder einzelne so narzisstisch, dass wir einander nicht einmal zuhören, geschweige denn uns über unsere Unterschiede hinweg verbinden können.

Zur Blütezeit der Spanischen Monarchie wurden die Juden aus Spanien vertrieben oder unter der Führung Torquemadas, der wie Tiberius jüdischer Abstammung war, von der Inquisition getötet. Hitler haben die Verdienste der deutschen Juden nicht gekümmert. Er beschuldigte sie allen Übels, das Deutschland je widerfahren war. Als er die Juden nicht hinauswerfen konnte, weil niemand sie haben wollte, vernichtete er sie.

Wenn wir uns vereinen, sind wir ein Licht

Im Buch Sohar heißt es im Abschnitt Acharei Mot: „Siehe, wie gut und angenehm ist es, wenn Brüder zusammensitzen. So sind die Freunde, wenn sie beisammensitzen und sich nicht trennen. Zu Beginn scheinen sie wie Krieger, die einander töten wollen. Dann herrscht wieder brüderliche Liebe zwischen ihnen. Und ihr die Freunde, die ihr hier seid, so wie ihr vorher in Zuneigung und Liebe wart, werdet ihr euch auch forthin nicht trennen. Und durch euer Verdienst wird Frieden in der Welt sein.“

Ähnlich dem Sohar schrieb dessen großartiger Kommentator, Rabbi Jehuda Ashlag: „die Nation Israel wurde errichtet als ein Tor, durch welches die Welt das Angenehme und die Ruhe der Nächstenliebe verstehen kann.“ Rabbi Kook schrieb ähnlich: „In Israel liegt das Geheimnis zur Einheit der Welt.“ Orot Kodesch (Lichter der Heiligkeit).

Wie unser großer Vorfahre Abraham sind wir die Träger der Methode der Korrektur des Egoismus, der die Welt trennt und sie Stück für Stück zerstört. Wenn wir die Methode, uns ungeachtet unserer Unterschiede zu verbinden, nicht wiederbeleben, werden alle Nationen uns für ihre Leiden verantwortlich machen und uns wieder strafen.

Henry Ford, einer der berüchtigtsten Antisemiten Amerikas, schrieb in seinem Buch Der Internationale Jude – der Welt größtes Problem: „Moderne Reformer, die soziale Modelle auf dem Papier entwerfen, täten gut daran, sich die frühen sozialen Systeme der antiken Juden anzusehen.“

Nazismus in Amerika

Wir denken, dass Nazi-Deutschland ein einmaliges Ereignis gewesen sei. Aber „Nie wieder“ – Rufe werden die Geschichte nicht daran hindern, sich zu wiederholen. Wir vergessen, dass es nicht die Deutschen gewesen sind, die den gelben Judenstern erfanden, sondern die Briten. Bereits 1218 „verkündete König Heinrich III den Erlass des Abzeichens und machte so England zum ersten Land, das Juden dazu verpflichtete, ein Unterscheidungsmerkmal zu tragen.“

In den frühen 50er Jahren schrieb Rabbi Jehuda Ashlag in den Schriften der letzten Generation: „Die Welt denkt fälschlicherweise, dass der Nazismus ein besonderer Auswuchs Deutschlands gewesen sei. In Wahrheit sind alle Nationen darin gleich. Es gibt keinerlei Hoffnung, dass der Nazismus mit dem Sieg der Alliierten verschwinden wird, denn morgen werden es die Angelsachsen sein, die den Nazismus annehmen werden.“

Jahrzehntelang ist Amerika auf dem Pfad wachsenden Egoismus, Entfremdung und sozialer Isolation vorangeschritten. Seit Jahren ist Depression die erste Krankheitsursache im Land, und die Verzweiflung wächst rasant.

Wenn ein Buch mit dem Titel Die Narzissmus-Epidemie die Bestsellerliste der New York Times anführen kann, und die Millennials ihr Milieu als die „Ich, ich, ich“-Kultur beschreiben, dann ist klar, dass sich das Land am Rande des Abgrundes befindet.

Tatsächlich scheint die Katastrophe schon begonnen zu haben. Die Wahlen 2016 haben die Spaltung im Land, die Hinterlist der Politiker und die Verlogenheit der Medien zutage gebracht. Heute traut in Amerika keiner mehr keinem. Ein perfektes Szenario für einen rasanten Anstieg von Antisemitismus.

Wenn die amerikanischen Juden ihr Leben nicht in die Hand nehmen und sich dazu überwinden, sich ihren gegenseitigen Abneigungen zum Trotz zu verbinden, werden die Amerikaner sie durch Blutvergießen dazu zwingen.

Es bleibt keine Zeit. Die Juden müssen alle Differenzen beiseiteschieben und sich vereinen, denn die Einheit ist die einzige Rettung des Jüdischen Volkes. Wenn wir uns vereinen, sind wir das „Licht für die Völker“, indem wir der Welt geben, was Abraham für sie vor fast viertausend Jahren vorgesehen hat, und worauf sie heute so sehr angewiesen ist.

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